Eingeborener der neuen Welt 

Referent Philipp Fincke will Digitalisierung als Chance vermitteln

Von Niko Firnkees

Moosburg. Er ist „Digital Native“, also „Eingeborener“ des digitalen Zeitalters. Daher kann er sicher oft nur den Kopf schütteln, wenn er das Vorgehen der „Digital Immigrants“ beobachtet. Aber er will mehr Menschen angstfrei in die neue Welt führen und sich im Amt des Referenten für Digitalisierung einbringen: Der FDP-Stadtrat Philipp Fincke zählt zur jungen Garde des Stadtrats.

Im Endeffekt verfolgt er zwei Zielrichtungen: zum einen ein besseres digitales Vernetzen zwischen Stadt und Bürgern, zum anderen eine Verbesserung der Situation für die Bürger untereinander. Hier gibt es zwei Problemfelder: einerseits die Breitbandanschlüsse. Der Ausbau gelte zwar als mehr oder weniger abgeschlossen. Allerdings liege ihm eine Karte des Stadtgebiets vor, aus der ersichtlich sei, dass einige Haushalte noch immer nicht über schnelles Internet verfügten. Das Problem sei, dass Glasfaser „bloß“ bis in die Verteilerkästen gelegt werde. Je weiter man davon weg wohne, desto weniger Kapazität komme noch an. Das erlebe er als Bewohner Aichs ständig. Im Upload gehe gerade noch ein kümmerliches Mbit. Das genüge zwar für Netflix, reiche aber bei weitem nicht für Skype-Konferenzen, die coronabedingt in diesem Jahr monatelang zum Standard-Kommunikationsmittel geworden waren.

Für WhatsApp aufs Gästeklo

Peinlich ist das Handynetz in der Bonau und im Mühlbachbogen. Fast jeder kennt kuriose Geschichten, etwa, dass man zum Bedienen von WhatsApp auf das Gästeklo gehen muss, weil dies der einzige Ort mit etwas Empfang ist. So etwas sei in einer 20 000-Einwohner-Stadt ein „Armutszeugnis“, so Fincke. „Wer schon mal in der Sahara war, weiß, sogar dort gibt es besseres Internet als auf dem Bolzplatz am Mühlbachbogen“, so sein Resümee.

Da die Telekom die Möglichkeit biete, sich als Stadt für den 5G-Ausbau zu bewerben, sollte diese unbedingt mitmachen. Ein zuvor vorgenommenes flächendeckendes Nachrüsten mit LTE wäre für Fincke in etwa so, als kaufe man eine Schreibmaschine statt eines Notebooks. „Wenn wir ausbauen, sollten wir es richtig machen und nicht wie in den 2000ern“, so die Forderung des Digitalreferenten. Die Gegenwart werde schnell von den Entwicklungen eingeholt.

„Dringend ausmisten“

Im Wahlkampf hatte Fincke oft die städtische Homepage als wenig aktuell und unübersichtlich kritisiert. Deren Problem sei, so Fincke heute, dass sie voller neuer, aber auch alter Informationen sei. Wer über die Suchfunktion nach den Protokollen von Stadtratssitzungen sucht, wird erst einmal ins Jahr 2017 zurückgebeamt. „Hier müssen wir dringend ausmisten“, so die Forderung. Unterstützung käme auch vom Stadtportal der Marketing eG. Um Doppelungen zu vermeiden, präferiere er, den Freizeitbereich und die Unternehmerdaten von der Stadthomepage zu streichen und stattdessen mit dem Stadtportal zu verlinken. Für weitere Verbesserungsvorschläge an der Homepage sei die IT-Abteilung der Stadt für jeden Hinweis dankbar.

Zu Finckes Ideen zählt auch, Stadtratssitzungen im Livestream zu übertragen. Dies sei rechtlich zulässig und begeistere Menschen für Kommunalpolitik. In Pfaffenhofen etwa, so ein dortiger Stadtrat, sähen im Durchschnitt rund 400 Bürger bei den Stadtratssitzungen zu. So viele Interessierte bekäme man selbst in Nicht-Corona-Zeiten niemals ins Feyerabendhaus.

Datenschutz bei Livestreams

Allerdings stehe für ihn der Datenschutz jedes Einzelnen im Vordergrund. Stadträte und Verwaltung müssten mit einer Übertragung einverstanden sein. Es gebe auch die Möglichkeit, Wortbeiträge zu schwärzen und stummzuschalten, falls einzelne Beteiligte nicht zustimmten. In Ingolstadt habe man eine kostengünstige Alternative mithilfe einer Kamera und eines Rednerpultes gefunden.

Noch mehr Bürger dürfte aber die Frage interessieren, wann Personalausweise, Kfz-Zulassungen, unkomplizierte Bauanträge ohne Gesprächsbedarf oder Hundesteueranmeldungen online erledigt werden können. Tatsächlich habe die Stadt hierauf eher wenig Einfluss: Diese Dienstleistungen würden nämlich über das Bürgerservice-Portal Bayern angeboten. Immerhin ermögliche es Moosburg derzeit bereits, ein Auto zuzulassen, sich ein Führungszeugnis einzuholen oder eine Ummeldung. Er sei sich sicher, dass weitere Angebote folgen würden, so Fincke.

Gründerstammtisch planen

Ob die Stadt innovative digitale Ideen etablierter Firmen oder von Gründern unterstützen kann, beantwortet Fincke mit einem klaren „natürlich“. Es beginne bereits mit der Wertschätzung und dem Bilden einer Gründerkultur. Daher plane er, mit dem Marketingreferenten Reinhard Lauterbach und einem Bürger einen Gründerstammtisch einzuführen. Dort könne der so wichtige Austausch stattfinden und die Vertreter des Stadtrats erführen, wo der Schuh drückt. Er wolle zudem ein Projekt auf die Füße stellen, wo Unternehmer auf einer Internetseite per Video und PDF über die Vorteile und Risiken von mobilem Arbeiten aufgeklärt werden und auch Wegweiser zu den passenden Förderungen finden, so Fincke. Gedanklich spiele er auch schon mit Co-Working-Spaces für Gründer und einem Home-Office-Center. Da sei aber noch viel Vorbereitung und Überzeugungskraft nötig.

Es liege ihm aber besonders am Herzen, das Signal zu senden, die Digitalisierung als Chance zu sehen. Sie könne in so vielen Bereichen unterstützen, niemand müsse sich vor ihr fürchten. Zudem sei er jederzeit für Fragen, Anregungen und Kritik empfänglich, weswegen er auch seine Telefonnummer und E-Mail-Adresse veröffentlicht habe.